Studie: Fokus Deutschland: ESG Medien- & Kommunikationstrends

Erkenntnisinteresse

Welche Entwicklungen lassen sich aus der Berichterstattung über ESG (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) in Deutschland ablesen? Wie unterscheidet sich die öffentliche Debatte von internationalen Trends? Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?

Methode

Inhaltsanalyse von deutschen oder deutschsprachigen Onlinemedien und Blogbeiträgen sowie Posts auf X (Twitter), Facebook, Instagram, Youtube, Reddit, Foren und Tumblr zu DAX-Unternehmen und ESG-Themen. Vergleichsdaten aus französisch-, spanisch-, italienisch- und englischsprachigen Beiträgen.

Untersuchungszeitraum 1. Januar 2020 bis 30.Juni 2023.

Ergebnisse

Trotz globaler und ökonomischer Herausforderungen (Pandemienachwirkungen, russischer Einmarsch in die Ukraine) ist die Sichtbarkeit von Nachhaltigkeitsthemen in Deutschland im Vergleich zu anderen westeuropäischen/globalen Sprachräumen hoch. 

• Schwerpunkte: Während Umweltthemen in Deutschland 70% der ESG-Diskussion ausmachen, ist die globale Debatte vor allem von sozialen Themen (69%) wie „Black Lives Matter“ und vom US-amerikanischen Urteil zur positiven Diskriminierung geprägt.
• Die Sichtbarkeit speziell von Umweltthemen in den sozialen Medien stieg in Deutschland im Vergleich zu globalen Werten weiter an. Vor allem die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere die Hitzewelle 2023 und das Klimaschutzgesetz, trieben diese Entwicklung voran. Die Bereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher, mehr Geld für umweltfreundliche Produkte zu zahlen, nahm jedoch leicht ab.
• Im Vergleich zum Vorjahr gingen in Deutschland Beiträge zu sozialen Themen zurück (28% der ausgewerteten Beiträge); Führungsthemen (2%) blieben in etwa auf demselben Niveau. Die Diskussion um die Fußballweltmeisterschaft in Katar befeuerte beide Themenfelder. Im sozialen Bereich sorgten LGBTQ-Rechte im Zusammenhang mit dem Pride-Month für Debatten auf Twitter. Governance wurde in Deutschland vor allem in Bezug auf Transparenz, Korruption und Datensicherheit allgemein sowie das Lieferkettengesetz im Detail diskutiert.
• Politisierung der Debatte: In der Berichterstattung werden zunehmend politische Parteien genannt (Knapp 7% der Artikel). Ein knappes Drittel der Beiträge ist mit negativen Emotionen verbunden. Die Gefahr, in aufgeheizte politische Diskussionen gezogen zu werden, ist groß, so die Studie.
• Big Tech Unternehmen (wie Google, Amazon, Microsoft etc.) und Dax Unternehmen kommen nur in je ca. 1% der Beiträge vor.
• Verbraucherinnen und Verbraucher sprechen vor allem über Automobilindustrie, Energieunternehmen, Industrie-/Mischkonzerne und die Modeindustrie (Anteil Earned und Shared Media). Am aktivsten äußern sich Automobil-, Chemie- & Pharmaunternehmen sowie Industriekonzerne und die Finanzbranche.
• Vorwürfe von Greenwashing nahmen im Jahresverlauf leicht zu, sind aber weit von den Spitzenwerten 2022 entfernt. Sie machen 4% der Beiträge mit Bezug auf Unternehmen aus.

Die Studie leitet aus der zunehmenden Politisierung des Themas die Empfehlung für Unternehmen ab, mit der Kommunikation etwa gewagter Vorhaben im ESG-Bereich zurückhaltend zu sein und sich auf transparente, klare und konsistente Aussagen zu konzentrieren, um Vertrauen zu stärken.  

Die Studienergebnisse vermitteln gut, wie wichtig es ist, auf nationale Ausprägungen der Debatten um ESG zu achten und den Kommunikationsansatz auf die einzelnen Märkte zuzuschneiden.

Das Volumen der Beiträge, die schlussendlich auf konkrete Unternehmen Bezug nehmen, ist sehr gering. Die Diskussion verläuft entlang gesamtgesellschaftlicher Fragen und wird von politischen Vorhaben angetrieben. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die Warnung vor überhitzten politischen Debatten angesichts einiger anstehender Wahlen 2024 nicht unbegründet ist.
Wer nicht anhand einer gut aufgesetzten Purpose-Strategie agieren kann oder möchte, ist gut mit der vorgeschlagenen ruhigeren Strategie beraten, die auf den Ausbau von Vertrauen setzt.

Veröffentlichung

August 2023: Cision

Mehr Informationen zur Studie: Fokus Deutschland. ESG Medien- und Kommunikations-Trends - Die Entwicklung der öffentlichen Debatte