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Wie steuern agile Organisationen strategisch ihre Themen? Wie wichtig ist dabei der Newsroom? Eine Studie zeigt, wie strategisches Themenmanagement dafür ein Schlüssel sein kann.
Literaturanalyse, 35 Tiefeninterviews mit Kommunikatoren in elf deutschen und drei österreichischen Unternehmen, ergänzt um vier Fallstudien. Untersuchungszeitraum: Juli 2018 bis Juli 2019
Veränderte Mediennutzung, steigende Nutzererwartungen, Geschwindigkeitszunahme durch Digitalisierung und der Wettstreit um Aufmerksamkeit: diese externen Faktoren erhöhen den Druck in den Kommunikationsabteilungen. Mitarbeiter sind unzufrieden mit internen Faktoren wie doppelten Prozessen, Silodenken und rigiden Hierarchien. Das treibt den Wandel hin zu agilen Prozessen an.
Die Studie untersucht Unternehmen, deren Kommunikation an strategischem Themenmanagement ausgerichtet ist. Sie beschreibt dies als „Management von strategiekritischen Narrativen und Medieninhalten, welche die Identität des Unternehmens in der Wahrnehmung seiner Stakeholder definieren.“
Dabei unterscheidet sie drei Umsetzungsformen: Themenmanagement in traditionellen, hierarchischen Silo-Strukturen zum einen, in ausgeprägten Newsroomstrukturen zum anderen. Außerdem, vor allem in kleineren Organisationen, der "Newsroom light", bei dem zusätzlich zur traditionellen Grundaufstellung (virtuelle) Räume für bereichsübergreifende Zusammenarbeit geschaffen werden.
Auf Basis der Studienergebnisse zeichnen die Autoren ein Modell, wie strategisches Themenmanagement ideal umgesetzt werden kann:
Damit ist das Zusammenspiel von top-down- und bottom-up-Impulsen und die Integration externer Kommunikationsanstöße gewährleistet. Wichtigste Auswahlkriterien für externe Impulse sind laut Studie: Zusammenhang mit Unternehmenswert, -positionierung und Stakeholderinteressen sowie Relevanz, Aktualität und Innovation. Als Fallbeispiel für eine übersichtliche, den Mitarbeitern Orientierung bietende Themenarchitektur wird das Themenrad von Osram vorgestellt.
Agile Meetingkultur, Schnittstellenmanagement und digitale Tools vereinfachen das Arbeiten in flachen Hierarchien und flexiblen Teams. Alle befragten Unternehmen nutzen Kollaborationstools wie Trello, Slack, Sharepoint und Scompler. Während beim „Newsroom Light“ die Tools vor allem den Überblick über Prozesse und Workflows ermöglichen, werden sie in ausgeprägten Newsrooms außerdem für ganzheitliches Arbeiten und bessere Transparenz benötigt.
Wo Hierarchien durch Selbstorganisation und Eigenverantwortung ersetzt werden, steigt der Bedarf an Abstimmungen zur gemeinsamen Entscheidungsfindung: in täglichen Morning Briefings, wöchentlichen Redaktionskonferenzen, langfristig in Themenkonferenzen und bei Bedarf in 4-Augen-Gesprächen. Das Fallbeispiel Siemens, das für eine auch baulich umgesetzte, ausgeprägte Newsroom-Organisation steht, zeigt, dass trotzdem die Zahl festgeplanter Meetings auf Dauer abnehmen kann.
Weitere ausführliche Fallbeispiele sind der nur auf zwei Hierarchiestufen beruhende Newsroom der Telekom und die behutsame Ausrichtung in einem kleinen Team bei Voestalpine, wo klassische Rollen mit einer Themenplanungsunit und durchlässigeren Strukturen vereinbart wurden.
Die Studie ist die zweite Veröffentlichung eines dreijährigen Forschungsprojekts zum Thema Agilität in der Unternehmenskommunikation. Während der erste Teil die Rolle der Unternehmenskommunikation bei der Transformation zum agilen Unternehmen allgemeiner beleuchtete, punktet der vorliegende Teil durch die konkrete Praxisrelevanz der Ergebnisse. Diese Detailtiefe gelingt, indem strategisches Themenmanagement als Grundvoraussetzung für agiles Arbeiten von Kommunikationsabteilungen und als Teilnahmekriterium an der Untersuchung gesetzt wird. Natürlich gibt es andere Ansätze, zum Beispiel diesen, der Corporate Listening in das Zentrum einer agilen Aufstellung rückt.
Die vorliegende Ausrichtung der Prozesse nach strategiekritischen Narrativen, d.h. die Organisation um Unternehmensthemen, die definiert, gesteuert und gemessen werden erweist sich als produktiv. Sie liegt sowohl der agilen Entwicklung von Pionieren wie Siemens als auch von Vertretern von schlanken Hybridlösungen wie Voestalpine zu Grunde. Ein stärkeres Wahrnehmen und Aufgreifen von Stakeholderinteressen ist in den hier beschriebenen Themenmanagement-Modellen ebenfalls mitgedacht.
Mit diesem roten Faden und in der Gegenüberstellung der Umsetzungen liest sich die Studie schlüssig und instruktiv. Sie ist nicht lediglich ein weiteres Plädoyer für den Newsroom, sondern ruft statt dessen in Erinnerung: Es sind nicht primär die Tools, die Meetingkultur oder die Büroarchitektur, die das Arbeiten agil machen. Am Anfang steht die transparente, gemeinsame Arbeit an strategisch relevanten Inhalten.
November 2019: Akademische Gesellschaft für Management & Kommunikation; Universität Wien: Sabine Einwiller, Jens Seiffert-Brockmann, Neda Ninova-Solovykh, Daniel Wolfgruber, Karen Berger
Mehr Informationen zur Studie: It’s all about content: Strategic topic management in agile organizations
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