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News vom 19.10.2022

Studie: Big shifts, small steps

Eingeordnet von Anne Ehrt
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Studiensteckbrief: Nachhaltigkeitsberichterstattung großer Unternehmen

Erkenntnisinteresse

Welche Reportingstandards für Nachhaltigkeit werden von den größten Unternehmen genutzt? Gibt es regionale Unterschiede? Wie entwickelt sich die Zahl der berichtenden Firmen und welche Faktoren beeinflussen dies?


Methode

Inhaltsanalyse der öffentlich einsehbaren Nachhaltigkeitsberichterstattung von 5.811 Unternehmen weltweit (je 100 wichtigste Unternehmen aus 58 Ländern, abgeglichen mit 250 der größten Unternehmen aus der Forbes 500-Liste).

Untersuchungszeitraum: Juli 2021 bis Juni 2022.   


Ergebnisse

Fast 70% der untersuchten weltweit größten Firmen erstellen Nachhaltigkeitsberichte, fast ¾ legen ihre CO2-Ziele in irgendeiner Form offen. Dafür orientieren sie sich vor allem an zwei Richtlinien, die sich in der Intention und der Bandbreite der Aspekte unterscheiden. Die Studienergebnisse zeigen, dass je nach Region und Branche eine stärkere Konzentration auf bestimmte Formate erkennbar ist.

Die Global Reporting Initiative (GRI) stellt den am weitesten verbreiteten Reporting-Standard (genutzt von 2/3 der untersuchten Firmen):

  • Hintergrund: Die Initiative entstand 1997 und unterstützt die 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) der UN. Die vom GRI vertretenen Reporting-Standards setzen sich zusammen aus allgemeinen Informationen zum Unternehmen, spezifischen Angaben zu Geschäftssektoren und zu den Themen Umwelt, Soziales und Governance (ESG). Aus diesen Richtlinien können Unternehmen die für sie passenden Module auswählen.
  • Intention: Die Einflüsse des Unternehmens auf die Umwelt überprüfen und nicht nachhaltige Geschäftstätigkeiten identifizieren und anpassen.
  • Verbreitung: Fast alle der untersuchten Unternehmen aus Singapur, Taiwan und Chile nutzen GRI, im Mittleren Osten und Afrika dagegen nur gut 60% der Unternehmen.

Das Sustainability Accounting Standards Board (SASB) entwickelt seit 2011 Richtlinien, die von ca. einem Drittel der untersuchten Unternehmen herangezogen werden.

  • Hintergrund: Die Organisation bemüht sich um Verbindlichkeit und Anschlussfähigkeit und hat sich mittlerweile als ISSB (International Sustainability Standards Board) mit anderen Initiativen zusammengeschlossen.
  • Intention: Die Offenlegung der Nachhaltigkeitsbestrebungen gegenüber Investoren und Versicherern. Somit steht die Absicherung der Firmen gegen Risiken durch Nicht-Nachhaltiges Verhalten und Klimawandel im Mittelpunkt.
  • Verbreitung: Der SASB-Standard ist eher in Nord-, Mittel und Südamerika vertreten, besonders unter US-amerikanischen, kanadischen und brasilianischen Unternehmen. Auch einige europäische Firmen nutzen den Standard, hier könnte die Verbreitung mit der Erweiterung der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2024 weiter zunehmen.

Zusätzlich können Unternehmen auf andere Richtlinien zurückgreifen, weil es ihre Märkte erfordern oder sie bestimmte Aspekte herausarbeiten wollen. Häufig werden verschiedene Formate kombiniert oder parallel verwendet:

  • Wo lokale Börsen Vorgaben für Nachhaltigkeitsberichterstattung formuliert haben, können diese verbreiteter sein als die oben genannten Bezugsrahmen. Das ist zum Beispiel in Südafrika, Malaysia und Indien der Fall. Generell nimmt diese Berichterstattung in Asien (40% der Unternehmen) und dem Mittleren Osten und Afrika (fast 50%) zu.
  • Auch sich direkt auf die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele zu beziehen ist verbreitet. 70% der Firmen weltweit nutzen auch diese Möglichkeit. Die am häufigsten genutzten Ziele sind „Decent Work und Economic Growth“, „Responsible Consumption and Production“ und „Climate Action“.
  • Die Hälfte der untersuchten Unternehmen bezieht sich auf die Richtlinien der TCFD (Task Force on Climate Related Disclosures). Sie wurden auf Initiative der G20 und der Weltbank zur Absicherung des Finanzsektors gegen Klimarisiken entwickelt. Im Mittelpunkt stehen Strategien im Umgang mit zukünftigen Verlusten durch den Klimawandel in vier Kernbereichen (Governance, Strategie, Risikomanagement, Metriken und Ziele), die in Szenario-Analysen erhärtet werden sollen. Die Verbreitung nimmt schnell zu, da die Richtlinien in einigen Staaten wie Großbritannien und Neuseeland verpflichtend für bestimmte Unternehmen sind. Inzwischen werden sie auch außerhalb des Finanzsektors verwendet, vor allem in Automobilindustrie, Bergbau und Technologie, Medien & Telekommunikation. Vor allem in Japan, Großbritannien und Taiwan orientieren sich Unternehmen an TCFD.
  • In den artenreichen Regionen Latein- und Südamerikas setzen Unternehmen zunehmend einen Fokus auf den Verlust an Biodiversität und nutzen dafür ergänzend Vorgaben der Taskforce for Nature-related Disclosures (TNFD). In den Bereichen Bergbau und Forstwirtschaft nutzen ¾ der Unternehmen den Standard.

Unser Fazit

Weltweit hat die Mehrheit der großen Firmen unter dem Druck des spürbar einsetzenden Klimawandels wie der daraus resultierenden Erwartungen von Stakeholdern und Regulierungen durch Behörden Berichte zur Nachhaltigkeit ihrer Tätigkeit aufgesetzt. Sie stützen sich dabei hauptsächlich auf die Vorgaben von GRI und SASB.

Die Ansätze unterscheiden sich laut GRI-Chef Tim Mohin grundsätzlich darin, ob sie das Unternehmen gegen Umweltrisiken absichern oder die Umwelt gegen Einflüsse durch das Unternehmen. Ob nur einzelne Aspekte nachhaltigen Wirtschaftens einbezogen werden - wie CO2-Neutralität oder Biodiversität - oder die gesamte Bandbreite des Wirkens von Unternehmen – einschließlich sozialer und Governance-Aspekte – abgebildet wird, ist ein anderer Unterschied. Die Studie zeigt, dass die verschiedenen Standards in den Firmen kombiniert und ergänzend verwendet werden. Unabhängig davon bemühen sich die Herausgebenden, die Ansätze anzunähern, in übergeordnete Modelle einzubinden und Vergleichbarkeit zu schaffen.

Die Studie listet erste Überlegungen auf, die man anstellen sollte, bevor man sich für ein Berichterstattungsformat entscheidet.  Aus unserer Sicht könnte man diese um einen orientierenden Blick auf vergleichbare Unternehmen und ihren Umgang mit Reportings ergänzen.

In der EU wird ab 2024 die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen von 1.200 auf ca. 50.000 erweitert. Über die Lieferketten wird dieser Druck langfristig auch an kleine und mittelständische Unternehmen weitergegeben werden, die Aufträge nur noch bei vorhandenen Zertifizierungen erhalten werden. Entscheidend ist hier, ob die neuen Vorgaben die etablierten, in der Studie genannten Standards und andere in Deutschland verbreitete Berichtsvorlagen integrieren können. Dazu zählen z.B. das EU Eco-Management and Audit Scheme (EMAS), der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK), die bcorp-Zertifizierung und die Gemeinwohlökonomie (GWÖ).


Veröffentlichung

Oktober 2022: KPMG International / John McCalla Leacy, Jennifer Shulman, Richard Threlfall

Mehr Informationen zur Studie: Big shifts, small steps. Survey of Sustainability Reporting 2022

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